Aktualisiert am 22. März 2024 von Angelika
Der 12. November 2023 ist Schiller-Sonntag in Marbach. Alljährlich feiert Marbach eine Woche lang – rund um Schillers Geburtstag – seinen berühmtesten Sohn. Friedrich Schiller wurde am 10. November 1759 in der Kleinstadt am Neckar geboren. Was liegt also näher, als für mein 12 von 12 im November diesmal nach Marbach zu fahren, zumal die Schillerstadt nur 46 km von meinem Wohnort Sindelfingen entfernt liegt. Außerdem war ich schon seit mindestens 20 Jahren nicht mehr dort.
Im Bücherregal meiner Eltern stand eine fünfbändige Dünndruckausgabe des Deutschen Bücherbundes mit Schillers Gesammelten Werken. So lernte ich schon in frühester Jugend und freiwillig einige Gedichte Schillers auswendig – noch bevor sie in der Schule auf dem Lehrplan standen. Ich hatte einen guten Zugang zu Schillers Lyrik: „… Von der Stirne heiß | Rinnen muss der Schweiß, | Soll das Werk den Meister loben; | Doch der Segen kommt von oben. …“ Das verstand ich. Credo der Boomer-Generation: Ohne Fleiß kein Preis. Kein Wunder, dass mein Angestellten-Dasein in einem Burnout endete …
Mein Weg führte mich zunächst auf die Schillerhöhe, wo sich mit dem Schiller-Nationalmuseum, dem Literaturmuseum der Moderne und dem Deutschen Literaturarchiv der bedeutendste Komplex von Literaturmuseen in Deutschland befindet. Forscher aus aller Welt reisen hier her, um Texte und Dokumente der neueren deutschen Literatur von Schiller bis zur Gegenwart zu studieren.
Der Dichter und sein Museum: Das Schiller-Nationalmuseum ist zur Zeit geschlossen und soll im Herbst 2024 mit einer neuen Dauerausstellung wiedereröffnet werden. Bis dahin ist die alte Dauerausstellung „Schiller, Hölderlin, Kerner und Mörike“ samt Luise Duttenhofers Scherenschnitten ins Literaturmuseum der Moderne umgezogen.
Das vor 17 Jahren eröffnete Literaturmuseum der Moderne wurde von David Chipperfield Architects entworfen. Nach jahrelangem Rechtsstreit wegen Baumängeln wird es jetzt saniert. Die Ausstellungen laufen weiter, aber von außen ist das Museum momentan keine Augenweide …
In der Dauerausstellung „Schiller, Hölderlin, Kerner, Mörike“, die für die Zeit des Umbaus vom Schiller-Nationalmuseum in das Literaturmuseum der Moderne umgezogen ist, sehe ich interessante persönliche Gegenstände Schillers wie zum Beispiel den Ring mit einem Satyr, den er bei seiner Flucht von Stuttgart nach Mannheim getragen haben soll und erfahre, dass er unter dem falschen Namen „Dr. Ritter“ reiste, wie aus einem Bücherleihschein ersichtlich ist …
Im LiMo werden Luise Duttenhofers Leseszenen präsentiert, in denen sie die Lesetypen des 19. Jahrhunderts einfing. Hier steckt Friedrich Schiller seine Nase tief in ein Buch. Die in Waiblingen geborene Scherenschnittkünstlerin Luise Duttenhofer (1776 – 1829) porträtierte die Prominenz des 18. und 19. Jahrhunderts in ihren Bildern.
Das Literaturmuseum der Moderne präsentiert bis 7. April 2024 digitalisierte Manuskripte aus Annette von Droste-Hülshoffs Meersburger Nachlass.
Der Stadtrundgang in Marbach war einer der besten, an denen ich je teilgenommen habe. Unsere Guide führte uns in 1,5 Stunden durch Marbach und zeigte uns viele interessante Sehenswürdigkeiten, zu denen sie interessante und unterhaltsame Geschichten erzählte. Dies hier ist das Elternhaus von Schillers Mutter Elisabetha Dorothea, der „Gasthof Goldener Löwe“. Kurz nach der Hochzeit von Elisabetha und Schillers Vater Johann Caspar verlor Elisabethas Vater durch Spekulationen den Gasthof und sein Vermögen, was die ganze Familie in Armut stürzte.
Während Schillers Vater als Berufssoldat in Friedrichs ersten Lebensjahren fast immer abwesend war, lebte Elisabetha mit ihrer ältesten Tochter Christophine und Friedrich, der in diesem Haus geboren wurde, in einem nur 12 qm großen Zimmer im Erdgeschoss dieses Fachwerkhauses. Hinter den linken beiden unteren Fenstern befindet sich Schillers Geburtszimmer.
Die spätgotische Alexanderkirche des württembergischen Baumeisters Aberlin Jörg ist eine der bedeutendsten Hallenkirchen des 15. Jahrhunderts im süddeutschen Raum. In ihrem Turm befindet sich die Schillerglocke Concordia, die jedes Jahr zu Schillers Geburtstag (10. November) und Todestag (9. Mai) geläutet wird. Leider hatte ich keine Zeit, die Kirche von innen zu besichtigen, aber es soll sich lohnen!
Schiller war nicht das einzige Genie, das aus dem schwäbischen Marbach stammt. Der große Astronom, Kartograf und Mathematiker Tobias Mayer wurde in diesem Haus geboren. Ihm verdanken wir die Längengrade und den Nullmeridian. Im angrenzenden, neu errichteten Anbau des Hauses wird Tobias Mayers wissenschaftliches Werk vermittelt.
Auch das gibt es mitten in der Marbacher Altstadt: 2,5 Millionen Jahre alte Muschelkalkablagerungen aus der Eiszeit.
Leider ist zur Zeit nicht nur die Schillerhöhe, sondern auch die Marbacher Altstadt eine Baustelle – und ein Ende ist nicht absehbar. 2033 soll in Marbach und Benningen die Landesgartenschau stattfinden. Bis dahin ist hoffentlich alles fertig.
Ich hatte Glück und es war fast den ganzen Tag trocken in Marbach. Als wieder nach Hause fahre, regnet es in Strömen.
Danke fürs Lesen und bis zum nächsten 12 von 12!
12 von 12 Infos
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Das Fotoprojekt 12 von 12 gibt es bei Caro von Draußen nur Kännchen. Am 12. des Monats machst du über den Tag verteilt viele Fotos und suchst abends 12 davon aus, zu denen du eine kurze Beschreibung verfasst. Unter Caros 12 von 12 Posting findest du eine Liste, in die du deinen eigenen 12 von 12 Blogartikel eintragen kannst.
Dein Beitrag zu Schiller und Marbach gefällt mir sehr gut. Da ich in der Nähe wohne besuche ich Marbach öfter. Die Altstadt mit ihrer Gastronomie ist einfach s
ehenswert.
Liebe Grüße Inge
Liebe Inge,
herzlichen Dank für deinen netten Kommentar! Ich werde jetzt sicher öfter mal nach Marbach fahren. Besonders die Literaturmuseen möchte ich mir noch intensiver anschauen und freue mich schon darauf, das Schiller-Nationalmuseum nach der Wiedereröffnung zu besuchen. Im Mai 2024 gibts wieder Führungen durchs Deutsche Literaturarchiv, das sonst ja nicht besichtigt werden kann – das merke ich mir schon mal vor. Die Altstadt selbst fand ich auch ausgesprochen charmant und sehenswert. Da lohnt sich ein Bummel.
Liebe Grüße,
Angelika