Aktualisiert am 20. Juni 2024 von Angelika

Der Berghof – von dem heute nichts mehr zu sehen ist – auf dem Obersalzberg war Hitlers zweiter Wohn- und Regierungssitz, das Kehlsteinhaus wurde oberhalb des Berghofs auf dem Kehlstein als Teehaus für die NS-Führungsriege und ihre Gäste errichtet. Anstelle des ehemaligen Gebäudekomplexes auf dem Obersalzberg wurde in den 1990er-Jahren die Dokumentation Obersalzberg eingerichtet. Während meines einwöchigen Aufenthalts im Berchtesgadener Land besuchte ich mit meiner Freundin an einem Tag zunächst die Dokumentation Obersalzberg und anschließend das Kehlsteinhaus.

In diesem Artikel erfährst du, warum ich den Besuch der Dokumentation Obersalzberg uneingeschränkt empfehlen kann, den des Kehlsteinhauses jedoch weniger. Ob du einen oder beide dieser historischen Orte besuchen möchtest, die zu den meist frequentierten Sehenswürdigkeiten Bayerns zählen, hängt von deinen persönlichen Interessen und Präferenzen ab. Mit diesem Beitrag möchte ich dir eine Entscheidungshilfe geben.

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1. Dokumentation Obersalzberg

Berchtesgaden, Dokumentation Obersalzberg - links im Bild der Altbau, rechts die Seitenwand des nüchternen, in den Berg integrierten Neubaus mit Schriftzug "Dokumentation Obersalzberg" - angiestravelroutes.com
Der Altbau der Dokumentation Obersalzberg (links im Bild) – ursprünglich für 30.000 Besucher pro Jahr konzipiert – war den durchschnittlich bis zu 160.000 Besuchern jährlich nicht mehr gewachsen. Der Neubau (rechts) mit der neu konzipierten Ausstellung wurde im September 2023 eröffnet.

1.1 Historischer Hintergrund Obersalzberg

Der Obersalzberg liegt malerisch oberhalb von Berchtesgaden. Adolf Hitler machte hier schon in den 1920er-Jahren Urlaub und ließ den Ort ab 1933 zu seinem zweiten Wohn- und Regierungssitz ausbauen. Das Haus Wachenfeld, das er seit 1928 gemietet hatte, kaufte er 1933. Die Bewohner des Bergdorfs Obersalzberg wurden zum Verkauf ihrer Häuser gezwungen oder enteignet. Der Obersalzberg entwickelte sich zu einem Machtzentrum des nationalsozialistischen Regimes. Hitler ließ hier eine Reihe von Gebäuden errichten bzw. umbauen, die nicht nur ihm, sondern auch seiner engsten Führungsriege (wie Hermann Göring, Albert Speer und Martin Bormann) als Rückzugs- und Planungsort dienten.

Das über 100 Hektar große „Führersperrgebiet“ war für die Öffentlichkeit unzugänglich. Hier standen Hitlers Wohnsitz, der Berghof, sowie repräsentative Gebäude und private Unterkünfte der NS-Führung. Diese Bauten sind heute nicht mehr erhalten, doch die Bunkeranlagen bieten noch immer einen eindrucksvollen Einblick in die damalige Zeit.

Der Obersalzberg ist eng mit den dunklen Kapiteln der deutschen Geschichte verbunden. Hier wurden politische Entscheidungen getroffen und die menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus vorangetrieben. Beim Bombenangriff durch die Royal Air Force am 25. April 1945 wurde der größte Teil des Komplexes zerstört. Was noch übrig war, setzten die abziehenden SS-Truppen in Brand. Nach dem Krieg wurden einige Gebäude wieder instand gesetzt und von der US Army als Erholungszentrum genutzt. Die Ruinen der anderen Gebäude wurden 1952 gesprengt, um zu verhindern, dass sich der Obersalzberg zur Pilgerstätte für Rechtsextreme entwickelte.

1996 zogen die amerikanischen Streitkräfte ab und die Nutzung des Areals ging auf den Freistaat Bayern über. Nun wurde hier zum einen ein Luxushotel erbaut – das heutige Kempinski Hotel Berchtesgaden* – und zum anderen die Dokumentation Obersalzberg als Lern- und Erinnerungsort eingerichtet. Das alte Gebäude wurde dem Besucheransturm nicht mehr gerecht, sodass schon 2013 beschlossen wurde, die Ausstellung zu erweitern. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder legte bereits im Oktober 2017 den Grundstein für den Erweiterungsbau der Ausstellung. Im Herbst 2023 war es endlich soweit.

Berchtesgaden, Dokumentation Obersalzberg - Frontansicht des in den Hang integrierten, lang gestreckten Neubaus mit verglastem Eingangsbereich
In den Neubau der Dokumentation Obersalzberg ist der Zugang zu einem Teil der historischen Bunkeranlage integriert.

1.2 Besuchserlebnis Dokumentation Obersalzberg

Die Dokumentation Obersalzberg wurde nach jahrelangem Umbau und einer umfassenden Neukonzeption am 27. September 2023 wiedereröffnet. Die neue Dauerausstellung trägt den Titel „Idyll und Verbrechen“ und bietet den Besuchern tiefe Einblicke in die Geschichte des Obersalzbergs während der NS-Zeit.

Die Ausstellung auf rund 800 Quadratmetern ist modern und interaktiv gestaltet und nimmt die Besucher in fünf Kapiteln (Die Bühne Obersalzberg//“Führer“, Volk und Sperrgebiet//Bergwelt und Weltmacht//Täterorte und Tatorte//Nach Hitler) mit auf eine eindrucksvolle Reise in die Vergangenheit. Verschiedene Stationen und multimediale Installationen beleuchten die Zeit zwischen 1933 und 1945. Dabei wird die idyllische Landschaft des Obersalzbergs in scharfem Kontrast zu den vom NS-Regime geplanten und verübten Verbrechen gesetzt.

Bemerkenswerte Einblicke ins Leben von Hitler und seiner Entourage am Obersalzberg geben die privaten Filmaufnahmen und Fotos von Hitlers Partnerin Eva Braun. Durch originale Exponate, historische Fotos und Dokumente wird greifbar gemacht, wie die NS-Täter in dieser abgeschotteten Welt Massenmord und Kriegsverbrechen planten. Am Obersalzberg wurden etwa der Überfall auf Polen und der Russlandfeldzug vorbereitet.

Ein wichtiger Bestandteil der Ausstellung sind die Themenkomplexe rund um die ideologischen Hintergründe des Nationalsozialismus und die konkreten Verbrechen, die vom Obersalzberg aus geplant und organisiert wurden. Besonders berührend sind die persönlichen Geschichten und Einzelschicksale, die in der Ausstellung erzählt werden und die den Besuchern einen emotionalen Zugang zu den historischen Ereignissen ermöglichen.

Den Abschluss der Ausstellung bildet ein Teil der weit verzweigten Bunkeranlagen, die den Besuchern einen beklemmenden Einblick in die unterirdische Welt des ehemaligen „Führersperrgebiets“ bietet. Mit dem Bau des Bunkersystems für Hitler und seine engsten Vertrauten wurde erst im Juli 1943 – nach den schweren Luftangriffen auf München – begonnen. Bis dahin hatte Hitler sich auf seinem Berghof sicher gefühlt. Bis zum Luftangriff am 25. April 1945 auf den Obersalzberg hatten Zwangsarbeiter sechs Kilometer Gänge und 107 Räume gebaut. Die Graffiti, mit denen sich einige von ihnen an den Mauern verewigten, sind noch erhalten.

1.3 Lohnt sich der Besuch der Dokumentation Obersalzberg?

Die Dokumentation Obersalzberg bietet den Besuchern die Möglichkeit, sich intensiv mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und die Mechanismen zu verstehen, die zu den Schrecken des Nationalsozialismus geführt haben. Besonders wichtig ist dabei die kritische Reflexion über die Verantwortung und die Lehren, die aus dieser dunklen Epoche der Geschichte gezogen werden müssen.

Durch die umfassende Darstellung der historischen Ereignisse und die Einbeziehung persönlicher Schicksale wird die Ausstellung zu einem emotionalen Erlebnis, das nachhaltig beeindruckt. Sie regt dazu an, über die Gefahren von Totalitarismus, Rassismus und Antisemitismus und deren Auswirkungen auf die Gegenwart und Zukunft nachzudenken.

Im Vergleich zu anderen Täterorten wie dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg oder der Ausstellung Topographie des Terrors in Berlin bietet die Dokumentation Obersalzberg eine einzigartige Perspektive auf das private und gesellschaftliche Leben der NS-Führung. Sie zeigt, wie eng das Alpen-Idyll um Berchtesgaden mit den Verbrechen des Regimes verbunden war.

Ein Besuch der Dokumentation Obersalzberg ist für alle zu empfehlen, die sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus und seinen Auswirkungen auseinandersetzen möchten. Dieser Ort der Erinnerung und des Lernens ist ein wichtiger Beitrag zur Bewahrung der historischen Wahrheit und zur Förderung des Bewusstseins für die Verantwortung, die aus der deutschen Vergangenheit erwächst. Meine Freundin und ich hielten uns über drei Stunden im Dokumentationszentrum auf, ohne die Ausstellung auch nur einen Moment als ermüdend oder langweilig zu empfinden. So geht Geschichtsunterricht!

Täterort vs. Tatort: Eine wichtige Unterscheidung

Bei der Auseinandersetzung mit historischen Stätten des Nationalsozialismus ist es wichtig, zwischen „Täterorten“ und „Tatorten“ zu unterscheiden. Der Obersalzberg und das Kehlsteinhaus sind Beispiele für Täterorte. Hier residierten und arbeiteten die NS-Führer, hier wurden Entscheidungen getroffen und Pläne geschmiedet, die zu den grausamsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte führten. Täterorte sind daher keine Gedenkstätten im klassischen Sinne, sondern Mahn-, Lern- und Erinnerungsorte. Sie dienen dazu, die Verantwortlichen und die Mechanismen des NS-Regimes zu beleuchten und die Besucher zur Reflexion und Auseinandersetzung mit dieser dunklen Epoche anzuregen.

Im Gegensatz dazu stehen die sogenannten Tatorte, wie etwa die ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz, Buchenwald, Bergen-Belsen und viele andere. Diese Orte sind direkt mit den Verbrechen des Nationalsozialismus verbunden, da hier die Massenmorde und die systematische Vernichtung von Millionen Menschen stattfanden. Tatorte sind Gedenkstätten, die an das Leid und die Opfer des Regimes erinnern und als Mahnmale gegen das Vergessen dienen.

Die Dokumentation Obersalzberg ermöglicht es, die ideologischen und strukturellen Hintergründe der NS-Verbrechen zu verstehen und die Verantwortung der Täter und ihrer Mitläufer zu erkennen. Hier kann besichtigt werden, wohin es führt, wenn ein Volk einem von Anfang an kriegsbereiten und moralisch völlig entgrenzten Diktator folgt. Gleichzeitig erinnert die Ausstellung daran, dass die idyllische Landschaft des Berchtesgadener Landes eng mit den Schrecken des Regimes verbunden ist. Ein bewusster und reflektierter Besuch der Täterorte trägt dazu bei, das Bewusstsein für die historische Verantwortung und die Lehren aus der Vergangenheit zu schärfen.

Dokumentation Obersalzberg Infos

  • Adresse: Salzbergstraße 41, 83471 Berchtesgaden
  • Anfahrt: Bus 838 ab Hauptbahnhof Berchtesgaden; für Autofahrer gibt es kostenpflichtige Parkplätze
  • Öffnungszeiten: Täglich von 9:00 bis 17:00 Uhr (letzter Einlass um 16:00 Uhr)
  • Eintrittspreise: Erwachsene 3 €, Kinder frei
  • Multimediaguides sind kostenlos erhältlich (Standard-Rundgang in Deutsch und Englisch, Kurz-Rundgang auch in vielen anderen Sprachen)
  • Geführte Rundgänge: Jeden Mittwoch und Samstag um 11 Uhr, Dauer: 90 Minuten, Kosten: 5 € (zusätzlich zum Eintrittspreis)
  • Empfohlene Besuchsdauer: Mindestens 2 bis 3 Stunden; möglichst vor 10:30 Uhr kommen, um den Besucheransturm um die Mittagszeit zu vermeiden
  • Weitere Informationen erhältst du auf der Website der Dokumentation Obersalzberg

2. Kehlsteinhaus („Eagle’s Nest“)

Berchtesgaden, Kehlsteinhaus – Blick vom Aussichtspunkt auf die Terrassenseite des Kehlsteinhauses, hier im Nebel – angiestravelroutes.com
Das Kehlsteinhaus steht seit 1938 etwas unterhalb des Kehlsteingipfels. Ursprünglich als Teehaus der NS-Führungsriege konzipiert, beherbergt es heute ein Restaurant.

2.1 Historischer Hintergrund Kehlsteinhaus

Das Kehlsteinhaus, auch bekannt als „Eagle’s Nest“, thront auf einem schmalen Bergsporn des Kehlstein hoch über dem Obersalzberg. Es wurde 1938 fertiggestellt und war als Repräsentationsgebäude für den Empfang wichtiger Gäste geplant.Tatsächlich war der einzige bedeutende ausländische Besucher, den Hitler hier je empfing, der französische Botschafter André François-Poncet, der im Ausland den Begriff „Eagle’s Nest“ (frz. Nid d’Aigle) für das Teehaus prägte. Hitler selbst besuchte das Kehlsteinhaus jedoch nur etwa zehnmal, da er den Ort aufgrund der exponierten Lage für unsicher hielt und ihm die Auffahrt über die Passstraße zu zeitaufwändig war.

Der Bau des Kehlsteinhauses war eine technische Meisterleistung. Eine vier Kilometer lange, steile Zufahrtsstraße und ein in den Fels gesprengter Aufzug, der die Besucher auf die Höhe von 1834 Metern bringt, waren Teil des ambitionierten Projekts. Das Gebäude ist weitgehend im Originalzustand erhalten und beherbergt heute ein großes Touristen-Restaurant. Von dessen Terrasse bietet sich ein beeindruckender Blick auf die umliegenden Berchtesgadener Alpen – zumindest an klaren Tagen.

2.2 Besuchserlebnis Kehlsteinhaus

Unser Besuch des Kehlsteinhauses begann mit der Fahrt in einem speziellen Bus vom Obersalzberg aus, der die enge und kurvenreiche Straße hinauf zum Kehlstein bewältigte. Die Tickets kauften wir am Ticketschalter am Obersalzberg, wo uns die Uhrzeit für die Rückfahrt gleich mit genannt wurde. Zu Ferienzeiten ist es wohl ratsam, sich die Tickets online vorab zu besorgen. Die Straße vom Obersalzberg zum Kehlstein darf nur von den Touristen-Bussen befahren werden und ist für Privatfahrzeuge gesperrt. Man kann auch auf den Kehlstein wandern (je etwa 3 Stunden hin und zurück), aber das ist wohl eher etwas für ehrgeizige Wanderer. Die Fahrt selbst bot schon spektakuläre Ausblicke auf die Landschaft und sogar den Königssee, die allerdings von dichtem Nebel getrübt wurden, als wir oben ankamen.

Der Bus hält auf einem Wendeplatz vor dem Zugangstunnel zum Aufzug. Der Gang durch den 124 m langen Tunnel im Berg ist ein bisschen gruselig, wenn man sich vorstellt, dass Hitler und seine Entourage den gleichen Weg zum 124 m hohen Aufzug nehmen mussten. Am Ende des Tunnels gelangt man in einen gemauerten runden Vorraum mit Wandleuchtern, der wie der Tunnel und der mit Messingplatten verspiegelte Aufzug original erhalten ist.

Berchtesgaden, Kehlsteinhaus - Eingangstor zum Tunnel, der zum Aufzug führt, auf einem Stein über dem gemauerten Tor mit Rundbogen die Inschrift "1938" - angiestravelroutes.com
Hier gehts in den Tunnel, der die Besucher zum berühmten messingverkleideten Aufzug führt.
Berchtesgaden, Kehlsteinhaus - Zugangstunnel zum Besucheraufzug - angiestravelroutes.com
Der 124 m lange Tunnel führte uns zum 124 m hohen messingverkleideten Aufzug, der uns in nur 41 Sekunden ins Kehlsteinhaus brachte.

Das Innere des Kehlsteinhauses vermittelt einen Eindruck vom Luxus, den sich die NS-Führungsriege noch 1943 leistete, als das Ende des sogenannten Tausendjährigen Reichs schon absehbar war und deutsche Städte im Bombenhagel untergingen. Die holzgetäfelten Räume und der monumentale Kamin im Hauptraum – den roten Marmor hatte Mussolini gestiftet – sind weitgehend im ursprünglichen Zustand erhalten, dienen aber inzwischen als Restaurant. Die Baukosten für das Haus einschließlich Aufzugssystem, Zugangstunnel und Kehlsteinstraße betrugen 30 Millionen Reichsmark, was heute etwa 154 Millionen Euro entsprechen würde.

Seit dem Abzug der Amerikaner beherbergt das Gebäude ein Restaurant, das bayerische Spezialitäten, aber leider keinen Cappuccino anbietet – den gibt es am Kiosk auf der Terrasse, was ich erst feststellte, als wir uns schon wieder auf den Weg zum Busparkplatz machen mussten. Zudem gibt es mehrere Souvenirshops, die typische Erinnerungsstücke und regionale Produkte anbieten. Eine kleine Ausstellung des Instituts für Zeitgeschichte vermittelt Grundwissen über die Geschichte des Kehlsteinhauses.

2.3 Lohnt sich der Besuch des Kehlsteinhauses?

Der Hauptanziehungspunkt des Kehlsteinhauses ist zweifellos die Aussicht. An klaren Tagen bietet sich ein atemberaubender Panoramablick auf die Alpen und das Berchtesgadener Land. Doch das Wetter in den Bergen ist unberechenbar. Während unseres Besuchs war es so neblig, dass von der berühmten Aussicht kaum etwas zu sehen war. Dieser Umstand minderte unseren Gesamteindruck erheblich und ließ uns an der Sinnhaftigkeit des Besuchs zweifeln.

Ein weiterer Aspekt, der unseren Besuch im Kehlsteinhaus trübte, war die stark touristische Ausrichtung des Ortes. Das Gebäude, das einst ein Symbol nationalsozialistischer Macht war, dient heute hauptsächlich als großes Restaurant mit Souvenirshops. Der Preis von 31,90 € für die Busfahrt und die Nutzung des messingverkleideten Aufzug erschien uns überzogen. Auf dem Kehlstein begegneten wir fast ausschließlich ausländischen Touristen, auf die das Marketing offenbar abzielt.

Für Geschichtsinteressierte ist der Informationsgehalt vor Ort eher dürftig. Ein kurzer Aufstieg zum Kehlstein-Gipfel ist zwar möglich, doch ohne die Aussicht verliert auch dieser an Reiz. Insgesamt hinterließ der Besuch des Kehlsteinhauses bei uns den Eindruck einer überteuerten Touristenfalle, die in starkem Kontrast zur inhaltlich wertvollen Dokumentation Obersalzberg steht.

Kehlsteinhaus („Eagle’s Nest“) Infos

  • Adresse: Kehlsteinhaus, 83471 Berchtesgaden
  • Anfahrt: Spezielle Busse ab dem Obersalzberg; die Straße ist für Privatfahrzeuge gesperrt
  • Eintrittspreise: 31,90 € (Hin- und Rückfahrt)
  • Öffnungszeiten: Täglich von Mitte Mai bis Mitte Oktober (abhängig von Wetterbedingungen); im Winter ist das Kehlsteinhaus geschlossen.
  • Empfohlene Besuchsdauer: 1 bis 2 Stunden
Kehlsteinhaus, Berchtesgaden - Blick von der Terrasse des Kehlsteinhauses auf den Königssee - der Nebel hat sich für einen Moment gelichtet - angiestravelroutes.com
Für einen Moment hatte sich der Nebel gelichtet, als wir auf der Terrasse saßen. Man ahnte, dass der Ausblick bei schönem Wetter grandios ist.

3. Meine Empfehlung

Ein Besuch im Berchtesgadener Land ist zweifellos eine Reise in eine der landschaftlich spektakulärsten Regionen Deutschlands, die jedoch auch tief in die dunkle Geschichte des Nationalsozialismus verstrickt ist. Die Dokumentation Obersalzberg bietet eine hervorragende Gelegenheit, sich intensiv und reflektiert mit dieser Geschichte auseinanderzusetzen. Der Besuch des Kehlsteinhauses kann eine interessante Ergänzung sein, wenn das Wetter mitspielt und du die Aussicht genießen möchtest. Ich hoffe, dieser Beitrag hilft dir bei der Planung deines Besuchs und gibt dir wertvolle Einblicke in die Bedeutung dieser historischen Orte.

4. Buch-Empfehlungen rund ums Thema

Institut für Zeitgeschichte: „Hitler und der Obersalzberg: Idyll und Verbrechen“ *

Dieses brandneue Buch (2024) zur Dokumentation Obersalzberg untersucht die doppelte Rolle des Obersalzbergs als idyllischer Rückzugsort und als Zentrum nationalsozialistischer Macht und Verbrechen. Es bietet eine fundierte Analyse der historischen Entwicklungen und Ereignisse am Obersalzberg, unterstützt durch umfangreiches Bildmaterial und Dokumente, und zeigt auf, wie der Ort zum Symbol für die Verbrechen des NS-Regimes wurde. Hier kann man in Ruhe nachlesen, was es in der Ausstellung zu sehen gibt.


Heike B. Görtemaker: „Hitlers Hofstaat: Der innere Kreis im Dritten Reich und danach“*

Die Historikerin Heike B. Görtemaker bietet in diesem Buch eine detaillierte Analyse von Hitlers innerem Zirkel und dessen Schlüsselrollen während des Dritten Reiches sowie deren Lebenswege nach dem Ende des Krieges. Sie beleuchtet die komplexen Netzwerke, Loyalitäten und Machtstrukturen innerhalb der NS-Führung und zeigt, wie Mitglieder des inneren Kreises ihre Verbindungen und Ideologien auch nach 1945 weiterführten. Das Buch kombiniert akribische Forschung mit lebendigen Porträts der zentralen Figuren, die Hitlers Herrschaft unterstützten.


Heike B. Görtemaker: „Eva Braun: Leben mit Hitler“*

Heike B. Görtemaker liefert in dieser Biografie ein facettenreiches Porträt von Eva Braun, Hitlers langjähriger Gefährtin, die er noch kurz vor dem gemeinsamen Selbstmord im Berliner Führerbunker heiratete. Das Buch beleuchtet ihr Leben, ihre Beziehung zu Hitler und ihre Rolle im inneren Kreis des NS-Regimes. Görtemaker zeichnet ein differenziertes Bild von Eva Braun, das weit über die gängigen Klischees hinausgeht, und zeigt auf, wie eng sie in die Strukturen und den Alltag des Dritten Reiches eingebunden war.


Ulrich Chaussy: „Arthur Eichengrün: Der Mann, der alles erfinden konnte, nur nicht sich selbst“*

Ulrich Chaussy stieß bei seinen Recherchen über das Dorf Obersalzberg auf Arthur Eichengrün, einen bedeutenden jüdischen Chemiker und Erfinder, der bis in die NS-Zeit hinein ein Ferienhaus am Obersalzberg besaß, in dem er jeden Sommer verbrachte. Chaussy verbindet biografische Elemente mit historischen Kontexten, um die Auswirkungen der NS-Diktatur auf das Leben und die Arbeit von Eichengrün zu zeigen und gleichzeitig dessen bemerkenswerte Beiträge zur Wissenschaft hervorzuheben. Unter anderem verdanken wir Eichengrün das Aspirin.


Ulrich Chaussy: „Nachbar Hitler: Führerkult und Heimatzerstörung am Obersalzberg“*

Ulrich Chaussy beleuchtet in diesem Buch die Auswirkungen von Hitlers Präsenz auf die Bevölkerung am Obersalzberg. Er zeigt auf, wie der idyllische Bergort durch die Machtzentralisierung des NS-Regimes und die damit verbundenen Bauprojekte zerstört wurde, und dokumentiert die Zwangsenteignungen und das Leiden der ansässigen Menschen. Chaussy verbindet akribische historische Forschung mit persönlichen Schicksalen, um ein umfassendes Bild der Heimatzerstörung und des Führerkults am Obersalzberg zu zeichnen.

4. Kulinarischer Extra-Tipp

Nach diesem schwer verdaulichen Exkurs ins dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte empfehle ich dir einen Abstecher zum Windbeutelbaron, der nur eine kurze Autofahrt vom Besucherparkplatz Obersalzberg entfernt liegt. Hier kannst du auf einer herrlichen Aussichtsterrasse entspannen und aus einer unglaublichen Vielfalt der köstlichsten, täglich offenfrischen Windbeutel deinen Favoriten wählen. Ich entschied mich für den mit Vanilleeis und Kirschen. Ein Gedicht! Das Café schließt allerdings um 18 Uhr (letzte Bestellung 17:30 Uhr). Unbedingt einplanen und rechtzeitig kommen!

Gasthaus Cafe Graflhöhe Windbeutelbaron Infos

  • Adresse: Scharitzkehlstraße 8, 83471 Berchtesgaden, Tel. +49 8652 2577
  • Anfahrt: Vom Parkplatz am Dokumentations-Zentrum zum Kreisverkehr fahren, dann rechts in Richtung Scharitzkehl. Das Gasthaus-Cafe Graflhöhe „Windbeutelbaron“ liegt nach ca. 3 km auf der rechten Seite. Der Parkplatz befindet sich an der Scharitzkehlstraße. Man muss dann noch ein Stück den Berg runter laufen.
  • Öffnungszeiten: Geöffnet von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr (ab Oktober bis 17:30 Uhr),
    Ruhetage: Mittwoch und Samstag
Café Windbeutelbaron, Berchtesgaden - Blick von der Anliegerstraße zur Aussichtsterrasse und Panoramaaussicht - angiestravelroutes.com
Schon allein für die fantastische Aussicht lohnt sich die Einkehr beim Windbeutelbaron.
Windbeutelbaron, Berchtesgaden - zwei Teller mit Riesen-Windbeuteln, vorne links mit Kirschkompott, rechts im Hintergrund mit Karamellsoße - angiestravelroutes
Diesen Genuss solltest du dir nicht entgehen lassen: Beim Windbeutelbaron gibts die weltbesten Windbeutel (und die größten).
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